Forum Entwicklungspolitik Brandenburg
wird herausgeben vom VENROB e.V.
FEB Ausgabe 7 (2017)
Heike Möller (Hrsg.)
“Agenda 2030 in Brandenburg”
© WeltTrends, Potsdam 2017
ISBN 978 – 3‑945878 – 72‑9
36 Seiten / kostenfrei
Bestellung: info@venrob.org
Heike Möller (Hrsg)
Agenda 2030 in Brandenburg
Brandenburgs langer Weg zur Agenda 2030
Von den Agenda 21-Initiativen auf die globale politische Agenda in Rio 1992 – von Bottom-up zu Top-down und Vice versa: Die Ablösung der alten acht UN-Entwicklungsziele 2015 in New York erfolgte mit dem Beschluss der Staatengemeinschaft für die umfangreiche Agenda 2030 und den 17 Sustainable Development Goals und war getragen von einer Euphorie, die sich — nur zwei Jahre später unter Donald Trump — schwer vorstellen lässt.
Politische Rahmenbedingungen sind wichtig, wie 2001, als von der rot-grünen Koalition des Kabinetts von Gerhard Schröder der „Rat für Nachhaltige Entwicklung“ (RNE) ins Leben gerufen wurde („Jahrhundertaufgabe Nachhaltigkeit“). Seit 2002 gibt es eine bundesdeutsche Nachhaltigkeitsstrategie, deren letzte Fortschreibung 2014 unter der Ägide Angela Merkels erfolgte – ein 250seitiger Katalog, in dem alles drinsteht, was unsere Lebensgrundlagen ausmacht.
Von einer deutschen, respektive europäischen Vorreiterrolle in der Klimapolitik kann allerdings kaum die Rede sein. In den vergangenen 25 Jahren sind die Treibhausgasemissionen um rund 60 Prozent gestiegen. Auch die Nachfrage nach fossiler Energie steigt weiterhin an. Führend ist Deutschland bei Diskussionen um technische Klimaschutzoptionen und der Masse an Gesetzgebungsakten.
Die konkreten Emissionen lassen ganz andere Rückschlüsse zu. „Enkeltauglichkeit“ ist eine Schimäre, schaut man sich allein die Exportzahlen in der Autoindustrie an. Keiner traut sich, das volkswirtschaftliche Gleichgewicht in Frage zu stellen und grundlegende Transformationen einzufordern, die unsere Arbeitswelt und unseren „verdienten“ Wohlstand scheinbar gefährden. Wenn wir unser Wohlstandsmodell weiterhin in Schwellenländer exportieren, sollten wir uns dessen bewusst sein, dass sich „plündernde Lebensstile“ wie der unsrige als überaus ansteckend erweisen. Wie schwer sich Politik und Wirtschaft im Umgang mit einer nicht nur auf kurzfristige Imagebildung ausgerichteten Nachhaltigkeit tun, zeigt sich an der Verzögerungstaktik der Landesregierung beim Ausstieg aus der Braunkohle in Brandenburg. Eingebettet in Sachzwänge werden tragfähige Entscheidungen immer wieder in die Zukunft verschoben – so dass unsere Nachkommen auch noch etwas davon haben … ist das enkelgerecht?
Die Wahlen sind vorbei, und was ist nun von einer politischen Konstellation erwartbar in Punkto Nachhaltigkeit und Entwicklungspolitik? Adolf Kloke-Lesch vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik untersucht in seinem Beitrag die Wahlkampfprogramme der Parteien und ihre Aussa- gen zur Agenda 2030. Die Parteien selbst sind die Schwachstellen, aber auch Zivilgesellschaft und Verbände schneiden in seiner Analyse nicht gut ab. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Politik bei den wichtigen Weichenstellungen in der kommenden Legislaturperiode 2017 – 2021 für nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz entscheidet.
Patrick Schnabel, Beauftragter des Kirchlichen Entwicklungsdienstes der EKBO, vermittelt einen Einblick in das Nachhaltigkeitsmanagement der Evangelischen Landeskirche. Mit ihren bundesweiten Einrichtungen und Werken ist die evangelische Kirche zweitgrößter Arbeitgeber nach der öffentlichen Hand und rangiert auch im Bereich Land- und Forstbesitz im oberen Bereich. Obgleich eher im Dienstleistungssektor tätig, haben kirchliche Einrichtungen gleichwohl einen beachtlichen Anteil an Ressourcenverbrauch, Emissionsausstoß etc. und verfügen demzufolge über ein Umweltbüro für die nationale und einen Entwicklungsdienst für die internationale Dimension von Nachhaltigkeit.
Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) darf natürlich nicht fehlen. Sebastian Zoepp von der Spreeakademie berichtet von den Aktivitäten der Brandenburger Arbeitsgemeinschaft BNE (AG BNE), die es sich zum Ziel gesetzt hat, landesweite BNE-Qualitätskriterien zu etablieren und entsprechende Qualifizierungsangebote für BNE-Akteure zu fördern. BNE soll in der Öffentlichkeit nicht nur als Nische im Bildungsbereich, sondern als Querschnittsaufgabe aller Bildungsakteure ernst genommen werden.
Über die fachübergreifende und fächerverbindende Kompetenzentwicklung an Schulen zu Bildung für Nachhaltige Entwicklung geht es im Beitrag von Ramona Krautz vom Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) und Nadine Düppe vom LISUM Berlin-Brandenburg. Man ist auf einem guten Weg, was die Verortung von BNE im neuen Rahmenlehrplan betrifft. Die Umsetzung stellt eine Herausforderung an alle Beteiligten dar, sie finden aber vielfältige Anwendungsmöglichkeiten im Unterricht.
Luisa Adlkofer und Melanie Nelkert bewerben das Mitte Juli 2017 an den Start gegangene Pilotprojekt von VENROB und der Außenstelle Berlin-Brandenburg von Engagement Global „Jetzt! Jugendforum Zukunftsfähigkeit Brandenburg 2017“. Auf der JuFo-Plattform werden junge Menschen angehalten, sich über entwicklungspolitische Themen zu informieren und auszutauschen. Sie können in Projekten, Veranstaltungen und Aktionen eigenständig aktiv werden und damit der Forderung nach größerem entwicklungspolitischen und nachhaltigen Engagement in der Bevölkerung nachkommen.
Potsdam hatte Besuch: Im Rahmen eines 5‑tägigen Pilot-Fachaustausches vom 11. – 15. September 2017 fand die New Alliances Convention statt, ein erstmals gemeinschaftlich von Cagintua e.V. und VENROB e.V. ausgerichtetes Vorhaben. Diskutiert wurden komplexe Themenbereiche wie Demokratiegestaltung und die Entwicklung offener, diversitätsbewusster Gesellschaften. Es ging aber auch um die Vernetzung von Fachleuten im NGO-Bereich sowie mit regional-wirtschaftlichen Unternehmen aus Ghana, Kamerun, Nigeria und Brandenburg.
Über die aktuelle Arbeit des jährlich stattfindenden Round Table Entwicklungspolitik erfährt man aus Protokollnotizen vom 30. Juni 2017. Dieser befasste sich im ersten Teil mit der Vorstellung und anschließenden Diskussion des Indikatoren-Sets für die Beobachtung der nachhaltigen Entwicklung in Brandenburg, ein Beitrag zur Fortschreibung der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Brandenburg. Wer sich mit dem Monitoring der Umsetzung der Entwicklungspolitischen Leitlinien Brandenburgs vertraut machen will, dem sei die Lektüre über die Arbeit der Stakeholder aus den Landesministerien sowie der Nichtregierungsorganisationen empfohlen.
Alles in allem wieder ein buntes Info-Paket, das zum Nachlesen, Mitdenken und Mitmachen anregen will!
Heike Möller, Potsdam im Oktober 2017