Forum Entwicklungspolitik Brandenburg
wird herausgeben vom VENROB e.V.
FEB Ausgabe 1 (2012)
Heike Möller (Hrsg.)
“Ernährung im 21. Jahrhundert”
© WeltTrends, Potsdam 2012
ISBN 978 – 3‑941880 – 43‑6
29 Seiten / kostenfrei
Bestellung: info@venrob.org
Heike Möller (Hrsg)
Ernährung im 21. Jahrhundert –
Unser Beitrag
Hunger schürt Hass und lehrt Demut. Er ist der Unterschied zwischen vegetieren und existieren oder leben und überleben. Nichts steht exemplarischer für die Diskrepanz zwischen Haben und Sein als Ernährung im engsten Sinne. Hunger ist ein Verteilungs- und damit ein politisches Problem. Es ist auch ein Definitionsproblem. Wo endet Unterernährung und wann fängt der Hunger an? Zahlenmäßig in Kalorien ausgedrückt ein kleiner Unterschied, der aber über Leben und Tod entscheidet. Nämlich darüber, ob und wann die Vereinten Nationen eine Hungersnot ausrufen und Hilfslieferungen schicken. Satellitengestützte Frühwarnsysteme können zwar Tsunamis vorhersagen. Der Hungertod jedoch ist ein langsamer Tod. Es dauert manchmal Jahre, bis er eintritt. Hunger und Durst sind omnipräsent und ihre Verdrängung ist es auch.
Dr. Hans R. Herren, Präsident und Mitbegründer der in Zürich angesiedelten Schweizer Stiftung Biovision, gibt in seinem Beitrag einen aktuellen Überblick über die Zusammenhänge von Hunger und Armut, Verteilung und Versorgung. Er weist auf die wichtige Rolle von Kleinbauern, insbesondere der Frauen, hin und benennt die intensive Landwirtschaft als Mitverursacher des Klimawandels. Als Präsident des Millennium Instituts in Washington D. C. fordert er einen Kurswechsel und die Umsetzung des Weltagrarberichts. Er rückt die ökologische Landwirtschaft ins Zentrum der „Grünen Wirtschaft“, ohne die es keine nachhaltige Entwicklung gibt.
Professor Matin Qaim, Inhaber des Lehrstuhls für Welternährungswirtschaft an der Georg-August-Universität Göttingen, gibt Antworten auf die zentrale Frage, wie die wachsende Weltbevölkerung mit Nahrungsmitteln versorgt werden kann. Wie viel mehr an Nahrungsmitteln brauchen wir und wie kann diese Mehrproduktion erreicht werden? Welche Technologien spielen dafür eine Rolle: Gentechnik, Molekularbiologie oder konventionelle Züchtung? Wie vermeiden wir unnötige Nachernteverluste und Konsumabfälle? Wo gibt es Ineffizienzen in Produktionsketten, z.B. in der Bewässerung und Futterverwertung? Wie entwickeln sich die Trends in der Nachfrage nach Agrarproduktion durch die steigende Bedeutung von Bioenergie?
Im Statistikteil fasst Kai Kleinwächter wichtige Daten zur globalen Ernährungssituation zusammen. Besonderer Dank geht hierbei an die Welthungerhilfe, auf deren Datenmaterial die Erhebungen beruhen.
So unterschiedlich die Lehrmeinungen darüber sind, wie Ernährungsproduktion vonstattengehen sollte, so einig sind sich (fast) alle, dass ein Umdenken auch in der Entwicklungspolitik erforderlich ist. Die deutsche Politik hat erkannt, dass unter dem Gesichtspunkt der Ernährungssouveränität ein nachhaltiges internationales Engagement zur Stärkung der Landwirtschaft in den Entwicklungsländern einsetzen muss, damit „Hilfe zur Selbsthilfe“ nicht nur ein leeres Motto bleibt.
Mit der Broschüre „Ernährung im 21. Jahrhundert“, der ersten in der Reihe „Forum Entwicklungspolitik Brandenburg“, soll ein Beitrag zur Verbreitung von aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen in Brandenburg geleistet werden, der dann auch in praktisches Handeln vor Ort umschlagen kann (und soll). Wir hoffen, damit den Kreis derjenigen zu erweitern, denen es ebenso wie uns ein Anliegen ist, das Wissen über die Missstände in der Welt zu vergrößern und damit das Leid der Betroffenen zu verringern.
Heike Möller, Potsdam im März 2012